Mai 6, 2024

Mark Twain sagte einmal: „Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel“. Dieses Phänomen, dass Menschen aus verschiedenen Gründen dazu neigen ungeeignete Werkzeuge zu verwenden hat im Englischen den Namen „Law of the instrument“ und hat auch im Zeitalter digitaler Technologien weiterhin Gültigkeit.   

Künstliche Intelligenz (KI) ist seit Jahren in aller Munde. Dennoch ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass es neben KI und datenbasierten Methoden auch andere Lösungen für moderne Probleme gibt. Die Wahl des richtigen Werkzeugs erfordert zunächst den Einsatz des eigenen anstelle eines künstlichen Verstandes „Natürliche Intelligenz“ (NI). Bevor wir uns also auf die neuesten technologischen Lösungen stürzen, sollten wir uns die Zeit nehmen, um das zu lösende Problem wirklich zu verstehen und aus den sich ergebenden Anforderungen die beste Methode zur Lösung zu bestimmen anstelle die Anforderungen auf die Lösungsmethode zu hämmern. Es ist unerlässlich zu betonen, dass das Lösen eines Problems mit den richtigen Werkzeugen nicht nur effektiver, sondern auch kosteneffizienter ist. Durch die Wahl des richtigen Werkzeugs kann sich die benötigte Arbeitszeit drastisch reduzieren.  

Nicht alles was man machen kann, sollte man auch tun 
Um technisch zu werden: Natürlich kann man die eigene Datenauswertung in Maschinencode schreiben und jedes Pixel, einer Visualisierung, dadurch manuell setzen. Bis die erste Darstellung jedoch existiert, könnten mithilfe dieses Ansatzes Jahre vergehen. Man muss dies jedoch gar nicht tun. Im Vergleich zur vorgenannten Vorgehensweise verringert die Verwendung von Excel als Werkzeug die Zeit bis zur ersten fertigen Darstellung auf unter einen Tag Arbeitszeit. Bereits jetzt eine wahnsinnige Effizienzsteigerung. Mit einem Tool wie Qlik Sense lässt sich die Visualisierung in wenigen Stunden sogar interaktiv und mit Drill-Down Funktionalitäten gestalten. Nicht nur eine Effizienzsteigerung, sondern auch ein echter Mehrwert durch die Verwendung eines geeigneten Werkzeugs. 

Daher: Bevor wir uns auf die Suche nach Lösungen für ein Problem begeben, ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir zuerst das zugrundeliegende Problem verstehen. Dies erfordert sowohl Verständnis als auch Wissen als die zwei wesentlichen Säulen, auf denen unsere Fähigkeit zur Problemlösung beruht. Die vier verschiedenen Kombinationen dieser beiden Aspekte bilden fundamental unterschiedliche Problemstellungen für einen Lösungsansatz.

Ob wir ein Problem verstehen oder nur das Ergebnis kennen macht den Unterschied 

Verständnis und Wissen stehen in einer komplexen Beziehung zueinander. Wissen kann aus Erfahrung resultieren, selbst wenn jemandem das zugrundeliegende Funktionsprinzip oder die ursächlichen Mechanismen unklar bleiben. Ein erfahrener Fischer könnte wissen, dass Fische bei Sonnenaufgang aktiver sind, ohne die biologischen Ursachen dessen zu verstehen. Andererseits kann ein Verständnis existieren, selbst wenn die Ergebnisse unbekannt oder gar nicht eindeutig bestimmbar bzw. deterministisch sind, wie z.B. bei der Quantenmechanik. Wir können die beschreibenden mathematischen Modelle und Prinzipien verstehen, aber die konkreten Ergebnisse sind oft probabilistischer Natur und daher weder vorhersehbar noch intuitiv. Daher ist es wichtig, sich nicht nur auf unser Wissen zu verlassen, sondern auch ein tieferes Verständnis der Probleme zu erlangen, die wir lösen möchten. Selbst wenn wir über das notwendige Wissen verfügen, kann ein Mangel an Verständnis dazu führen, dass wir das Problem falsch angehen und damit übertragen einen Hammer zum Sägen nutzen.  

Nicht auf jedes Problem muss man draufhauen 

Außerdem sollten wir uns daran erinnern, dass das Ziel nicht darin besteht, jedes Problem zu lösen, das wir treffen, sondern die richtigen Probleme zu lösen. Bei der Auswahl gilt es auch zu berücksichtigen, welche Implikationen jedes geschäftliche Problem hat und wie es sich in den Gesamtkontext fügt. Diese Priorisierung muss mit Augenmaß und Sachverstand vorgenommen werden, damit die Zeit und Energie in eben jene Probleme investiert wird, bei denen die entwickelten Lösungen den größten Mehrwert stiften. Aus diesem Grund setzen wir in einem interdisziplinären Team auf einen holistischen Ansatz, der den Gesamtkontext des Unternehmens berücksichtigt und sich ebenfalls mit den Themen Datenkultur und Data Leadership auseinandersetzt.  

Wenn man im Trüben fischt… 

Es gibt Situationen, in denen sowohl die ursächlichen Mechanismen als auch die Resultate ungewiss sind. Diese stellen eine besondere Herausforderung für datengetriebene Lösungsansätze dar, da es an bekannten Ergebnissen mangelt, die als Trainingsdaten für entsprechende Lernalgorithmen herangezogen werden könnten. In solchen Fällen können unüberwachte Lernalgorithmen (z.B. zur Clusteridentifikation und Bestimmung von Gemeinsamkeiten) manchmal hilfreich sein, um Muster in vorhandenen ungelabelten Daten zu erkennen und Hypothesen für weitere Untersuchungen zu generieren. Dennoch gilt hier in den meisten Fällen, dass zu wenig über das Problem bekannt ist, um es selbst effektiv zu lösen. Statt an einer Lösung zu arbeiten kann es helfen das Problem und seine Ursache besser zu verstehen. Sei es durch eigene Arbeit oder durch externes Know-How. An dieser Stelle wird auch klar, dass datenbasierte Lösungen nicht die einzige Option darstellen. Manchmal kann ein qualitativer Ansatz oder Expertenwissen wertvolle Einblicke liefern, insbesondere wenn die Daten begrenzt oder nicht vorhanden sind. Bei uns finden Sie dieses Expertenwissen, ebenso wie langjährige Erfahrung mit datenbasierten Lösungen für eine Vielzahl an Branchen von der Finanz- und Versicherungsbranche und der produzierenden Industrie bis hin zum Energiesektor. 

Algorithmische Lösungen vs. datenbasierte Lösungen 

Deterministische Problemstellungen, bei denen der zugrundeliegende Mechanismus bekannt ist, bieten eine ideale Anwendungsmöglichkeit für datenagnostische Algorithmen, wie zum Beispiel Operations-Research, die den Lösungsweg direkt modellieren. Selbst wenn uns eine optimale Lösung (Ergebnis) im konkreten Fall nicht bekannt ist, kann man mithilfe dieser Algorithmen eine Optimierung in diese Richtung angehen. So zum Beispiel bei den Themen Routenplanung, Ressourcen- und Auslastungsmanagment oder Schichteinteilung. Im Gegensatz dazu kommen datengetriebene Methoden und Künstliche Intelligenz ins Spiel, wenn der zugrundeliegende Mechanismus unbekannt ist, aber ausreichend Ergebnisse zur Verfügung stehen, um einen lernenden Algorithmus zu trainieren. Schlussendlich stellen auch die Methoden und Modelle des maschinellen Lernens (engl. Maschine-Learning) generalisierte Optimierungsalgorithmen da, die ein flexibles Modell im Hinblick auf die vorhandenen Daten (Ergebnisse) ergeben, dass die Trainingsdaten bestmöglich modelliert. Bei beiden Ansätzen wird eine Optimierung vorgenommen. In einem Fall ohne Erfahrungswerte, dafür mit Hilfe von Problemverständnis, im anderen Fall ohne Kenntnis der grundlegenden Problemzusammenhänge, dafür unter Betrachtung von Erfahrungswerten. Je nach Komplexität des Problems werden mehr oder weniger „Erfahrungswerte“ (Datenpunkte) benötigt um das Problem datenbasiert zu adressieren. Ob genug davon vorhanden ist, können unsere Experten mit Ihnen zusammen erarbeiten. 

Wann Daten der richtige Ansatz sind 

In letzteren Fällen, in denen ausreichend Datenpunkte vorhanden sind, können datenbasierte Methoden ihre Stärken ausspielen, indem sie aus Erfahrungen lernen und uns verborgene Muster aufdecken. Sie passen sich an neue Situationen an und verbessern ihre Leistung im Laufe der Zeit mit steigender Verfügbarkeit und Qualität von Daten. Durch das Lernen aus historischen Daten können sie zukünftige Ereignisse oder Ergebnisse vorhersagen, was besonders nützlich in Bereichen wie der Finanzanalyse oder der Wettervorhersage ist. 

Darüber hinaus können datengetriebene Methoden und KI verborgene Muster und Zusammenhänge in den Daten aufdecken, die für den Menschen nicht offensichtlich sind. Dies kann zu neuen Erkenntnissen und Verbesserungen in verschiedenen Bereichen führen. Unter Umständen lassen sich diese, dem Modell zugrundeliegenden, Muster sogar erklären und so nachträglich verstehen. Auf diese Weise kann von datenbasierten Methoden profitiert werden, sogar wenn Bedenken gegen die Implementation dieser Methoden auf operationeller Ebene bestehen. 

Wrap-up 

In der Welt der Technologie und des maschinellen Lernens ist es, wie überall im Leben, wichtig, die richtigen Werkzeuge für Probleme zu verwenden. Es ist meistens nicht die beste Lösung, jedes Problem mit dem immer gleichen Werkzeug zu bearbeiten. Stattdessen sollten wir den Kontext berücksichtigen und die effektivste Lösung suchen. Datengetriebene Methoden, einschließlich maschinellen Lernens, können verborgene Muster aufdecken und zukünftige Ereignisse auf Basis vorhandener Daten und Erfahrung vorhersagen. Aber das menschliche Verständnis des Problems bleibt wesentlich, um zu entscheiden, ob diese Methode die richtige ist. Nicht jedes Problem muss gelöst werden und es ist essenziell schonend mit den eigenen Ressourcen umzugehen und sich auf die Lösung der richtigen und wichtigen Probleme zu konzentrieren, indem man die Auswirkungen berücksichtigt und dadurch den Wert der eigenen Bemühungen maximiert. Mit anderen Worten; Wir sollten unsere angeborene natürliche Intelligenz nutzen, bevor wir datengetriebene Methoden oder künstliche Intelligenz blind anwenden.  


AUTOR

Dr. Jens Linden

Jens ist ein Data Scientist und Stratege im INFORM DataLab mit mehr als 15 Jahren Berufserfahrung in der Generierung von Mehrwert aus Daten mithilfe von Analytics, Data Science und KI. Jens vereint tiefgreifendes technisches Wissen mit Geschäftssinn, was es ihm ermöglicht, die Anforderungen der Geschäftsinteressengruppen in realisierbare Datenlösungen mit messbarem Einfluss umzusetzen. Darüber hinaus hilft er Organisationen dabei, Datenstrategien für ihre digitalen Transformationsprozesse zu entwerfen und umzusetzen.